Die polaren Grundkräften Yin und Yang
Die beiden Grundkräfte des Lebens Yin und Yang lassen sich wie folgt beschreiben: Yin ist Gestalt (also Körper) ohne Bewusstsein und Bewegung, Yang ist Bewusstsein und Energie, hat aber keine Gestalt und benötigt das Yin als Gefäß. Das Leben dauert nur solange, wie Yang das Yin bewegt und Yin dem Yang als Körper zur Verfügung steht; wenn die beiden Ursubstanzen sich trennen, steigt Yang in den Kosmos empor und Yin bleibt als tote Materie auf der Erde zurück. Einige Schlüsselbegriffe und ein Bild verdeutlichen die Polarität von Yin und Yang.
Yin
weiblich, dunkel, passiv, empfangend, feucht, Mond, Wasser, Wolken Tiger, Schildkröte, schwarz, der Norden, die geraden Zahlen.
Yang
männlich, hell, aktiv schöpferisch, trocken, Sonne, Feuer Drachen, rot, der Süden, die ungeraden Zahlen.
Unserem westlichen Denken erscheint diese Sichtweise zunächst fremd, da wir es gewohnt sind, das Leben zu meistern, indem wir analysieren, steuern und kontrollieren. Wir eignen uns Wissen an, um Probleme effektiv zu lösen. Wir setzen unsere Willenskraft ein, damit das Leben entlang unserer Ziele gestaltet werden kann. Und die taoistische Haltung des absichtslosen Nicht-Tuns wird leicht verwechselt mit Nichts-Tun, also mit der Unart, Probleme auszusitzen oder sich hängen zu lassen.
Hinzu kommt, dass wir aufgrund unserer Denkgewohnheiten schnell geneigt sind, Yin und Yang als statische Gegensätze zu begreifen. Dabei verkennen wir, dass es gerade die Veränderung ist, die den Kern der asiatischen Lehren bildet. Yin und Yang sind keine feindlichen, sondern polare Kräfte, die einander ergänzen. Die Wandlungszustände, das periodische Anwachsen und Abnehmen von Yin und Yang und deren Zusammenspiel sind Kennzeichen des Lebendigen, das Leben wird als Fluss und permanenter Prozess von Veränderungen erfahren.
Im menschlichen Körper lässt sich die Polarität von Yin und Yang gut beobachten, selbst die Wandlungszustände finden wir bei einigen Funktionen. Beispielsweise arbeitet das vegetative (oder autonome) Nervensystem mit zwei Gegenspielern, Sympathikus und Parasympathikus. Der Sympathikus sorgt dafür, dass sich der Mensch auf Arbeit und Leistung einstellt, er regt den Stoffwechsel an und setzt Energie frei.
Der Parasympathikus hingegen hat die Aufgabe, den Körper auf Ruhe und Erholung einzustellen, den Stoffwechsel zu bremsen, er regt die Verdauung an und sorgt so dafür, dass Nährstoffe gespeichert werden. Beide Gegenspieler sind immer gleichzeitig tätig, ergänzen sich aber in ihrer Arbeit. Tagsüber ist der Sympathikus bedeutend aktiver. Nachts und nach dem Essen überwiegen die Aktivitäten des Parasympathikus. Spannung und Anspannung bilden einen Pol des Lebens, Entspannung fungiert als Gegenpol. Soviel Kurzerklärung zu den polaren Grundkräften, von der Non-Dualität zur Dualität, damit Wahrnehmung geschehen kann.