Mensch-sein vs. Sein
Leid kann aus heiterem Himmel über den Menschen kommen.
Aber auch als Folge von eigenen Fehlern.
Paradox ist, dass Leid durch die Identifikation mit der Form entsteht und gleichzeitig die Identifikation mit Form untergräbt.
Leid wird vom Ego verursacht, obgleich Leid das Ego zerstört, jedoch erst, wenn das Leid bewusst erlebt wird.
Die Menschheit ist bestimmt, über das Leid hinauszugehen, aber nicht so, wie es das Ego meint.
Einer der vielen fälschlichen Annahmen des Egos, einer seiner vielen wahnhaften Gedanken lautet, „ich sollte nicht leiden müssen“.
Manchmal wird dieser Gedanke auf jemanden übertragen, der einem nahe steht: Mein Kind sollte nicht leiden müssen. Dieser Gedanke selbst, ist die Wurzel des Leidens.
Das Leiden hat einen edlen Sinn: Es soll die Evolution des Bewusstseins vorantreiben und das Ego verbrennen.
Solange du dich gegen das Leiden wehrst, geht dieser Prozess nur langsam voran, denn Widerstand baut mehr Ego auf, das verbrannt werden muss.
Wenn du hingegen das Leiden annimmst, beschleunigt sich der Prozess, weil du jetzt bewusst leidest.
Im bewussten Leiden liegt bereits die Umwandlung begründet. Das Feuer des Leidens wird zum Licht des Bewusstseins.
Das Ego sagt, ich sollte nicht leiden müssen. Dieser Gedanke sorgt dafür, dass du noch vielmehr leidest. Er ist eine Verzerrung der Wahrheit, die immer paradox ist. In Wahrheit musst du ja zum Leiden sagen, ehe du darüber hinausgehen kannst.
Vom Tun zum Sein.
Das Ego weiß nichts vom Sein! Aber es glaubt, dass du irgendwann durch dein Tun erlöst sein wirst. Wenn es dich fest im Griff hat, glaubst du, nur immer mehr tun zu müssen, bis du an irgendeinem Punkt der Zukunft genügend Taten zusammen hast um dich heil und ganz zu fühlen. Wirst du aber nicht!
Du wirst dich nur in deinem Tun verlieren. Die gesamte Zivilisation ist dabei, sich im Tun zu verlieren, das nicht im Sein wurzelt und folge dessen vergeblich ist.
Das Tor
Der Schlüssel zu deinen Nächsten ist die Aufmerksamkeit. Die eine Art der Aufmerksamkeit könnte man formorientierte Aufmerksamkeit nennen, die andere ist die formlose Aufmerksamkeit.
Die formorientierte Aufmerksamkeit steht immer mit Tun und Bewerten in Verbindung! Sie ist erforderlich und hat ihren Platz. Wenn dies alles ist, wodurch unsere Beziehungen erfüllt sind, dann fehlt die wichtigste Dimension. Dann wird das Sein vom Tun völlig überlagert von der Sorge um das Leben.
Formlose Aufmerksamkeit ist untrennbar von der Dimension des Seins. Wie funktioniert sie? Indem du, ohne zu bewerten beobachtest, bist du still und wach und nur in dem Moment. So schaffst du Raum für das Sein. In dem Augenblick, indem du gegenwärtig bist, bist du nur die Wachsamkeit. Die Stille. Die Präsents die zuhört, schaut, streichelt oder auch spricht. Du bist das Sein hinter dem Tun.
Die Gegenüber anerkennen. Du bist, und du bist ein Mensch.
Was bedeutet das? Das Leben zu meistern ist keine Frage der Kontrolle, sondern der Ausgewogenheit von MENSCH-SEIN und SEIN. Vater, Mutter, Ehemann, Ehefrau, Jung, Alt, die Rollen, die du spielst, die Funktionen, die du erfüllst, alles was du tust, gehört der menschlichen Dimension an. Es hat seinen Platz und muss gewürdigt werden.
Das reicht nicht aus für ein erfülltes, wahrhaft sinnvolles Leben und eine eben solche Beziehung. Das Mensch-sein allein ist nie genug, wie sehr du auch darum ringen und was auch leisten magst.
Dann ist da noch das Sein! Es findet sich in der stillen wachen Gegenwärtigkeit des reinen Bewusstseins, das du bist!
Der Mensch ist Form.
Das Sein ist formlos.
Mensch-sein und Sein sind nicht voneinander getrennt, sondern miteinander verwoben. In der menschlichen Dimension bist du, ohne Zweifel, vielen anderen, besonders Kindern, überlegen. Wenn diese Dimension alles ist, was du kennst, fühlst du dich überlegen.
Wenn deine Beziehung nur in der Form geprägt ist, herrscht keine Gleichheit. Weil in der Form du nicht mit dem anderen gleich bist. Deine Liebe zum Nächsten ist nur menschlich, sie ist konditioniert, besitzergreifend und unstet.
Nur jenseits der Form, im Sein, seid ihr gleich! Nur wenn du die Dimension der Formlosigkeit in dir selbst findest, wird die Liebe von wahrer Liebe durchdrungen sein.
Das zeitlose ICH BIN erkennt sich im anderen. In diesem Fall, der/das andere, fühlt sich geliebt.
was hindert dich noch daran, die momentane Zeit, in der die breite Bevölkerung zum Rückzug verpflichtet ist, die Tage kurz und die Nächte lang sind, die zeit dir zu gönnen, deiner formlosen Achtsamkeit die Liebe zu erkennen?
Allen ein gesegnetes Fest in Licht und Liebe.